DNA-Analysen 2018

Mittlerweile ist eine DNA-Untersuchung für Eurasier-Freunde kein Fremdwort mehr. Seit geraumer Zeit (2010) wird in PRO Eurasier mit einer DNA-Bank, aber auch den Elternschaftsanalysen, eine wertvolle Ressource aufgebaut, die gewährleistet, dass für die Vierbeiner der Anschluss zu modernen Technologien behalten wird.

Die DNA-Authentizitätsprüfungen und Elternschaftsnachweise bringen in erster Linie eine neue Qualität der Ahnentafeln mit sich.

Wie die Praxis gezeigt hat, lässt sich in bestimmten Fällen ohne DNA nicht mehr recherchieren, ob es sich tatsächlich um ein bestimmtes Individuum mit der guten Abstammung handelt, welche die Zucht-Papiere versprechen. Diese Frage ergibt sich u.a., sobald eine Chip-Kennzeichnung nicht mehr lesbar, bzw. die Herkunft des Hundes unklar wird.

Aber auch Unsicherheiten bei Vaterschaften können über das DNA-Verfahren bearbeitet werden.

Mittlerweile gehören die DNA-Elternschafts-Typisierungen bei PRO-Eurasier zu den Verfahren, die jederzeit eine Transparenz der Abstammung ermöglichen.

Neben den mittlerweile gut eingeführten Abstammungsanalysen ergaben sich zur Rasse Eurasier keine nennenswerten Rückmeldungen / Erkenntnisse im Hinblick auf erblich bedingte Gesundheitsproblematiken. Eine Datenbankrecherche, mit weltweit abgefragten neuesten wissenschaftlichen Publikationen, zeigte nicht wirklich trag-fähige Hinweise auf relevante neue DNA-basierende Forschungsresultate bei unserer Rasse.

Nichtsdestotrotz sind mittlerweile fast 200 monogene canine Erbmerkmale 1 vom engagierten Rassehundezüchter abrufbar. Diese rasante Entwicklung stellt eine echte Herausforderung für Forscher dar, hier am Ball zu bleiben und den Überblick zu behalten.

Aber auch für Züchter, Clubs und Vereine, die sich dem Wohl des Hundes einer bestimmten Rasse verschrieben haben und seit Jahrzehnten darauf hinarbeiten, zieht diese Flut immer neue Entscheidungsfragen nach sich.

In den Anfangsjahren der caninen DNA-Diagnostik, also gegen Ende der 90er

Jahre, war dieser Segen, zu dem beispielsweise der CLAD2–Test beim Irish-Red-Setter gehört, sicher eine große Erleichterung. Aus zuvor noch unerklärlichen Gründen mussten nun Dank Gen-Nachweis im Vorfeld einer Verpaarung, keine hiervon betroffenen Welpen mehr in der Wurfkiste sterben.

Was sich aus dieser Erfolgsgeschichte bis heute und in die weitere Zukunft im Hinblick auf Zuchtentscheidungen per zahlreicher neuer Gentests abzeichnen wird, sollte allerdings kritisch reflektiert werden.

„Den 100 % erbgesunden Hund/Paarungspartner, incl. Rasse, wird es trotz ausgefeilter Technik und wissenschaftlichem Know-how nicht geben!“

Ferner ist unlängst eine Zeit angebrochen, in der manche Züchter davon ausgehen, dass jede der vielen kommerziellen Testofferten auch irgendwie auf ihre Rasse zu passen scheint und man sich damit hoffentlich den absolut erbgesunden, perfekten Deckrüden ausspäht bzw. dieser erwählt werden kann.

Aber in wie weit dann diese untersuchte Bausteinabfolge im Erbmolekül eine tatsächlich existierende sinnvolle Relevanz für die jeweilige Hunderasse ergibt, bleibt einstweilen unklar und wird nicht vollständig beantwortet.

Dies liegt zum Teil daran, dass für die jeweilige Rasse keine wissenschaftlich validierten Studien/Daten vorliegen oder die Forschung nicht abgeschlossen ist.

Wie vielschichtig und komplex sich dies im Einzelnen darstellen kann, verdeutlichen Untersuchungen beim Dobermann zur DCM3 (Dilatative Cardiomyopathie).

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass auch sogenannte „Founder-Effects“ in der Rassehundezucht vorkommen.

Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass Mutationen nur auf bestimmte Zuchtlinien/Populationen fixiert oder nur bei einer speziellen Rasse festzustellen sind.

In Bezug auf dilatative Cardiomyopathie, kurz DCM ergab die US-Studie von Meurs et. al. (2012) eine ursächliche Splice-Side- Mutation4 für DCM auf Chromosom 14, wohingegen Mausberg et al. (2011) bei DCM betroffenen Dobermann Hunden (EU-Probanden) einen Locus auf Chromosom 5 herausarbeitete.

Auch zeigt sich durch die zunehmende Zahl von kommerziellen Gen-Test-Offerten teilweise, wenn Züchtern auf dieser Basis die freie Auswahl überlassen wird, dass das Augenmerk im Hinblick auf eine übergreifende genetische Vielfalt und Vitalität der gesamten Rasse verloren geht.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt, wenn man sich die Frage stellen muss, wo bekommen wir überhaupt einen passenden Paarungspartner her, ist die umfangreiche Kandidaten-Auswahl verschwunden.

Die Spirale kann sich insofern weiter ungebremst drehen, indem immer mehr teilweise unausgereifte, nicht erkennbar validierte DNA-Test-Plattformen dem Züchter unkritisch und als quasi „Marketing-Tool“ überlassen werden.

Fazit

Eine solide und moderne Kynologie sollte nicht einseitig polarisierend und auf wenig reflektierte, schnelle Züchtungsmanöver ausgerichtet sein:

Sie stellt sich heutzutage vielmehr als kritische und längerfristige Mit- bzw. Zusammenarbeit, sowohl von Züchtern, Haltern und dem entsprechenden Rassehundezucht-Verein, nebst DNA-Labor inklusive fundierter statistischer Auswertung dar.

Über diesen gemeinsamen Ansatz lassen sich Schieflagen in der Population vermeiden, über Jahrzehnte erarbeitete Zuchterfolge sichern und die Vitalität der Rassehunde für die Zukunft erhalten.

PD Dr. Ina Pfeiffer
Uni Kassel

Fußnoten

  1. Canine Erbmerkmale = Erbmerkmale des Hundes
  2. CLAD: Canine leukocyte adhesion deficiency = unzureichende Immunreaktion mit zum Teil tödlichem Ausgang
  3. DCM: Dilatative Kardiomyopathie = Erkrankung des Herzmuskels mit vielseitige Folgen der Pumpschwäche
  4. Splice-Side-Mutation: spezielle Erbinformationsänderung bei der Informationsübertragung